Stimme der Jugend im Landkreis München: Zwischen Zuversicht und Zukunftsangst
Über 1.100 junge Menschen zwischen 12 und 27 Jahren haben an der landkreisweiten Jugendbefragung des Kreisjugendring München-Land (KJR) teilgenommen. Die Erhebung fand bereits zum dritten Mal statt – auch in diesem Jahr wieder unter der Schirmherrschaft von Landrat Christoph Göbel. Die Ergebnisse zeichnen ein vielschichtiges Bild – von digitalem Alltag über gesellschaftliche Werte bis hin zu Herausforderungen und Ängsten. Sie bieten damit eine wichtige Grundlage für Fachkräfte der Kinder- und Jugendarbeit sowie für kommunalpolitische Entscheidungsträger*innen.
„Unser Ziel ist es, Angebote für junge Menschen bedarfsgerecht und zielgruppenorientiert weiterzuentwickeln und ihnen gleichzeitig eine starke Stimme zu geben. Die Ergebnisse sollen kommunale Entscheidungsträger*innen auf die Lebenslagen und Bedürfnisse Jugendlicher aufmerksam machen“, erklärt Blandine Ehrl, die die Jugendbefragung bereits in 2019, 2022 und 2025 leitete. So wurden die Ergebnisse bereits am 7. Oktober im Jugendhilfeausschuss des Landkreises präsentiert. „Die Ergebnisse der Jugendbefragung machen deutlich: Junge Menschen im Landkreis München denken mit, tragen Verantwortung und haben klare Vorstellungen davon, was sie für ein gutes Leben brauchen“, betont Landrat Christoph Göbel. „Mir ist wichtig, dass sie mit dem, was sie bewegt, wahrgenommen werden und dass wir ihre Rückmeldungen in unser tägliches Handeln mitnehmen. Ihre Sichtweise hilft uns, den Landkreis für uns und insbesondere für kommende Generationen lebenswert zu gestalten.“
Unter dem Motto „Dein Leben im Landkreis München“ beteiligten sich dieses Mal über 1.100 junge Menschen bei der digitalen Befragung zu den folgenden Themen:
Freizeit und digitale Medien
WhatsApp, YouTube und Instagram gehören weiterhin zu den wichtigsten digitalen Plattformen – wobei sich ihre Relevanz je nach Altersgruppe unterscheidet. Dass Social Media aus dem Alltag junger Menschen nicht mehr wegzudenken sind, ist nicht verwunderlich, findet auch Carina Lange, Referentin für Jugendkultur & Medien beim KJR: „Die Lebensrealitäten junger Menschen sind postdigital, das heißt digitale Räume sind allgegenwärtig, eine klare Trennung zwischen online und offline ist nicht mehr möglich.“ Auch offline zeigt sich ein klares Bild: Musik hören und Freund*innen treffen gehören zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen. 35 Prozent der Befragten besuchen regelmäßig ein Jugendzentrum im Landkreis. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen findet Jugendzentren wichtig oder sehr wichtig.
Ehrenamtliches Engagement
„Das ehrenamtliche Engagement von jungen Menschen im Landkreis ist wieder spürbar gewachsen – und das ist ein starkes Signal. 57 Prozent engagieren sich bereits“, freut sich Daniel Gögelein, ehrenamtlicher Vorsitzender des KJR, „Wir wissen, wie wertvoll diese Erfahrungen für persönliche Entwicklung, Zusammenhalt und Demokratie sind. Darauf wollen wir aufbauen: Unser Ziel ist es, noch mehr Jugendlichen die Chance zu geben, die bereichernden Seiten von Ehrenamt und Verantwortung zu erleben.“ Die Jugendbefragung zeigt, dass sich Jugendliche vor allem dort engagieren, wo sie sich zugehörig fühlen: In Schule, Sport und Freizeit – getragen von Freude, Interesse und dem Wunsch, Verantwortung zu übernehmen.
Orte
Parks, Wälder und Wiesen sind – gleich nach dem eigenen Zuhause – die beliebtesten Rückzugs- und Wohlfühlorte. Besonders positiv bewertet wird das Sicherheitsempfinden: Über 90 Prozent der Jugendlichen geben an, dass sie sich an ihrem Wohnort sicher und wohl fühlen. Auch die Zufriedenheit insgesamt ist sehr hoch. Der öffentliche Nahverkehr – vor allem die Anbindung nach München – wird mehrheitlich gut bewertet, allerdings empfinden viele Jugendliche den MVV als zu teuer.
Herausforderungen
Jugendliche im Landkreis München erleben allgemeinen Stress, schulischen Leistungsdruck und gesundheitliche Risiken wie z. B. Rauchen und Vapen als zentrale Herausforderungen. Finanzielle Unsicherheiten durch Inflation sowie psychische Probleme sind ebenfalls weit verbreitet, während Themen wie Fake News, Wohnungsmangel oder familiäre Gewalt weniger stark wahrgenommen werden. Insgesamt zeigt sich, dass die Belastungen vor allem im persönlichen und sozialen Alltag liegen – strukturelle Probleme treten deutlich in den Hintergrund. Besonders weibliche und diverse Jugendliche berichten vermehrt über psychische Belastungen wie Bodyshaming, Stress und Zukunftsängste. Hier braucht es gezielte Unterstützungsangebote und Räume zur Entlastung.
Werte
Frieden, Sicherheit, Familie, Freundschaft und Menschlichkeit – diese Werte stehen bei Jugendlichen im Landkreis München ganz oben. Auch Demokratie, faire Arbeitsbedingungen und finanzielle Sicherheit haben eine hohe Bedeutung. Zwar zeigen viele ein Bewusstsein für Klima- und Tierschutz, jedoch werden diese Themen weniger als persönliche Kernwerte genannt. Tradition und Religion spielen kaum eine Rolle und scheinen weniger emotional verankert zu sein. Integration, Inklusion und Politik werden zwar als relevant erkannt, zählen jedoch selten zu den wichtigsten persönlichen Werten.
Politik
„In Anbetracht der Bundestagswahl 2025 und der zunehmenden Repolitisierung war es uns wichtig, erstmalig auch die politische Einordnung und die Parteiwahl abzufragen“, berichtet Projektleitung Blandine Ehrl. Dabei verorteten sich 30 Prozent der jungen Menschen politisch in der Mitte. 26 Prozent der Teilnehmenden geben an sich eher links zu positionieren und 13 Prozent links. Sieben Prozent der jungen Menschen würden sich als eher rechts einstufen und drei Prozent als rechts. 21 Prozent der Befragten konnten oder wollten sich nicht zuordnen.
Zukunft
Die Hälfte aller befragten Jugendlichen gibt an, unter Zukunftsängsten zu leiden. Dabei sind vor allem Gesundheit, sichere Arbeit und stabile soziale Beziehungen zentrale Themen. Fragen der Selbstverwirklichung wie Bildung, Verantwortung und ein sinnhaftes Leben sind für viele wichtig, stehen aber hinter den materiellen und sozialen Sicherheiten. „Grundsätzlich blicken junge Menschen im Landkreis München positiv in die Zukunft. Doch im Vergleich zu früheren Befragungen zeigt sich ein rückläufiger Trend in der Zuversicht. Dem versuchen wir aktuell durch unser strategisches Ziel ‚Zuversichtliche Zukunftsorientierung‘ entgegenzuwirken. Eine hilfreiche Grundlage ist dabei unsere Ausrichtung an den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der UN“, erläutert KJR-Geschäftsführer Marcus Fink.
Bildung
Junge Menschen wünschen sich Bildung, die Spaß macht, praxisnah ist und einen Bezug zum eigenen Leben hat. Klassisch schulische oder abstrakte Bildungsangebote verlieren dagegen an Relevanz. Besonders gefragt sind Lernerfahrungen, die direkt mit Alltag, Lebenswelt und Zukunftsperspektiven verknüpft sind.
Die Jugendbefragung – Teil der jugendpolitischen Kampagne „Stimme der Jugend“ – macht deutlich: Junge Menschen im Landkreis München wollen mitgestalten und ernst genommen werden. Sie wünschen sich Räume, die soziale Nähe, Rückzug und Naturerleben ermöglichen. Sie fordern praxisnahe Bildung, psychosoziale Unterstützung und Angebote zur Stärkung ihrer Resilienz. Gleichzeitig rücken Themen wie der Ausbau digitaler Infrastruktur, bessere Mobilität, sowie die Förderung des Ehrenamts und digitaler Kompetenzen in den Fokus. Für Fachkräfte der Kinder- und Jugendarbeit wie auch für kommunale Entscheidungsträger*innen bieten die Ergebnisse klare Handlungsempfehlungen – es gilt, die Lebenswelt junger Menschen ernst zu nehmen und gemeinsam zukunftsfähige Strukturen zu schaffen.
Eine detaillierte Auswertung der Jugendbefragung gibt es hier.
Sollten Sie Rückfragen zur Umfrage haben, wenden Sie sich gerne an mich oder direkt an die Projektleitung Blandine Ehrl unter b.ehrl@kjr-ml.de.